Um die Mitte des 19. Jahrhunderts traten die Produkte der Streuobstwiesen hinter dem wirtschaftlicher anzubauendem Plantagenobst zurück. Diese Entwicklung läutet das Ende der Streuobstwiesen ein.
Nach dem 2. Weltkrieg verbesserte sich die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung. Man konnte es sich leisten qualitativ hochwertige Obstimporte zu konsumieren, so dass das Interesse an der Selbstversorgung nachließ.
Der Erwerbsobstbau vor Ort war nur konkurrenzfähig beim kostengünstigen Anbau von marktgängigen Sorten. Niederstamm Dichtpflanzungen in Plantage setzten sich durch, da sie maschinell zu bewirtschaften sind. Die Einsparung von Arbeitskräften und die Eingrenzung der Sorten, sowie der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ermöglichen ein günstige Massenproduktion von gängigem Tafelobst. Fanta, Cola, Sprite und Co gaben den natürlichen Direktsäften den Rest.
Erst in neuerer Zeit, seit dem gesundheitliche Beeinträchtigungen durch zuckerhaltige Limonaden, ins Bewußtsein der Bevölkerung dringen, erinnert man sich der wertvollen Direktsäfte, die vor unserer Haustür produziert werden.
Streuobstwiesen wurden durch ausgelagerte Neubaugebiete verdrängt und fallen dem Straßenbau und der Anlage von ausgedehnten Sportstätten zum Opfer. Im Rahmen von Flurbereinigungsverfahren gab es Entrümplungsaktionen. Die Rodung von unwirtschaftlichen Altbeständen wurde von der EWG gefördert. Rodungen erfolgten vorwiegend dort, wo Relief, Klima und Bodenverhältnisse eine Erfolg versprechende Umstellung auf Plantagen ermöglichten. Im Bodenseegebiet vielen dieser Entwicklung 75% der Hochstämme zum Opfer. Auch wurde die Landschaft ausgeräumt um intensive Ackerland und Grünlandnutzung zu ermöglichen. Der Einsatz großer, effizienter landwirtschaftlicher Maschinen veränderte bei günstigem Relief die Landschaft in eine Kultursteppe.
Dort wo intensive Landnutzung schwierig ist, wurden die Streuobstwiesen mehr und mehr vernachlässigt, da ihre Pflege sehr anstrengende Handarbeit mit sich bringt. Die Umfangreichen Bestände in den Mittelgebirgen sterben an Überalterung, da Neuanpflanzungen über Jahrzehnte vernachlässigt wurden.
Überalterte Bäume erkennt man am Zustand ihrer Kronen. Diese sind zu dicht und überbaut und weisen zu wenig junges Fruchtholz auf. Grund dafür ist der fehlende Auslichtungsschnitt. Übermäßiger Mistelbefall bedeutet dann über kurz oder lang das Aus für ältere Bäume. Überständiger Unterwuchs begleitet die mangelnde Baumpflege. Wird die Beweidung eingestellt, weil auch die Tierhaltung Arbeit verursacht, müssen die Wiesen aufwendig gemäht werden. Verbuschung und allmählicher Übergang in Wald setzt ein, besonders an schwer zugänglichen und handarbeitsintensiven Hanglagen.
Es ist an der Zeit, dass die Handarbeit an der Kulturlandschaft eine neue Wertschätzung erfährt.
Wir erhalten so diesen vielschichtigen Lebensraum,
wir erhalten eine hohe Lebensqualität in der Kulturlandschaft,
wir erhalten hochwertige, gesunde Nahrungsmittel,
wir erhalten Arbeitsplätze in strukturschwachen Räumen,
wir erhalten Weideland für artgerechte Tierhaltung,
wir schaffen Nachhaltigkeit für die nächsten Generationen.
Was kann der Einzelne für den Erhalt dieser „Paradiese aus und in Menschenhand“ tun?
(Johannes Fink)
Es war der reine Selbsterhalt und die Abhängigkeit von Grund und Boden, der die Menschen der vergangenen Jahrzehnte und Jahrhunderte dazu getrieben hat, „vernünftig“ und vorausschauend mit der knappen Ressource Land umzugehen. Selbstversorgung war angesagt und jeder hatte zumindest einen kleinen Garten oder gar Acker. Steilstücke und Hanglangen wurde ebenfalls genutzt. Das Gras wurde mühsam per Hand gemäht und an die Tiere verfüttert. Um die Vitaminversorgung im Winter sicherzustellen wurden gerade auch an den schwer zu bewirtschaftenden Stellen Obstbäume gepflanzt und auch gehegt und gepflegt. Die Landschaft war sauber und relativ aufgeräumt und trotzdem viel artenreicher als heute, wo man der Natur ihren Lauf läßt und meint, mit „Nichts tun und wachsen lassen“ täte man ein gutes Werk. Das ist eine klassische Fehleinschätzung und stammt wohl aus einer Zeit, als akkurat gemähte Rasenflächen das Landschaftsbild dominierten. Heutzutage ist es aber umgekehrt. Die Landschaft (im Odenwald) verbuscht und wächst zu. Aus Weideland wird Buschland, es wachsen Waldbäume auf Wiesenflächen, die Sonne kommt an vielen Stellen nicht mehr durch, der Boden bleibt länger feucht, das Mikroklima (der Talauen) verändert sich und wärmeliebende Arten werden zurückgedrängt.
Diese Entwicklung hat natürlich auch Profiteure. Aufgrund der ungepflegten und nicht mehr beweideten Wiesenflächen ist der Wühmausbestand in den letzten Jahren geradezu explodiert. Es ist
praktisch unmöglich, einen Obstbaum ohne speziellen Wurzelschutz zu pflanzen. Eine große Anzahl Wühlmäuse zieht natürlich auch eine größere Anzahl Beutegreifer nach sich. So hat sich parallel zum
Bestand der Wühlmäuse auch der Bestand der Greifvögel erhöht. Allerdings werden sie der Wühlmausplage leider nicht mehr Herr. (Johannes Fink)