Lebensraum und Artenvielfalt

Artenvielfalt auf der Streuobstwiese

Die europaweit größten zusammenhängenden Streuobstbestände gibt es ausgerechnet in Baden-Württemberg. Streuobstwiesen sind von Menschen geschaffene Kulturlandschaften und eines der wenigen Beispiele, wo der Eingriff des Menschen in die Natur bzw. deren extensive Nutzung einen positiven Effekt auf die Artenvielfalt und Biodiversität ausgeübt hat.

Eine extensiv bewirtschaftete Streuobstwiese ohne Dünger und Gifteinsatz ist ein wahrer „Hot Spot“ der Artenvielfalt und zählt zu den artenreichsten Biotopen in Mitteleuropa. Bis zu 5000 Tier- und Pflanzenarten können vorkommen. Die savannenartige Struktur bildet ein vielfältiges Mosaik von Kleinbiotopen. Fehlende Düngung sorgt dafür, dass keine Pflanzenart bevorzugt wird und andere verdrängen kann. Das Leben auf der Streuobstwiese findet in mehreren Etagen statt. So ist da einmal die ungedüngte Wiese, die sich durch eine große Pflanzenvielfalt auszeichnet, auf der zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Pflanzenarten blühen. Dies zieht wiederum eine Vielfalt an Insekten an, von denen sich andere Tiere wie z.B. die Vögel, Mäuse, Igel, Eidechsen, Erdkröten und sonstige Amphibien etc. ernähren.

Diese Vielfalt ist aber extrem von der Pflege der Wiese abhängig. Wird nicht mindestens zweimal im Jahr gemäht oder ordnungsgemäß beweidet, wird sich nur eine geringe Artenzahl einstellen. Wichtig ist, dass der Grasschnitt abtransportiert wird und nicht einfach liegengelassen wird. Gras- oder Heuhaufen ziehen nämlich Wühlmäuse magisch an und wirken als Dünger!

Will man es ganz perfekt machen, dann mäht man in mehreren Etappen, oder läßt einen Streifen länger stehen. So wird ein „Wiesenkahlschlag“ vermieden und man nimmt den Tieren nicht den ganzen Lebensraum auf einmal. Aber egal wie, es MUSS gemäht werden! Die Tier und Pflanzenwelt kann letztendlich damit umgehen, sie hat sich im Laufe der Jahrhunderte gut darauf eingestellt.

In der zweiten Jahreshälfte bzw. im Spätsommer entwickelt sich dann der Pflanzen- und Tierbestand neu. Jetzt dominieren z.B. die Grashüpfer und Heupferde bei den Insekten, sowie die Spinnen. Auch Eidechsen sieht man jetzt häufig an sonnigen Plätzen. Erstere sind eine Grundlage für alle später brütenden Vögel im Jahr wie Rotschwanz, Bachstelze und Fliegenschnäpper.

Die mittlere Etage wird durch die Stämme der Bäume repräsentiert. Auf ihnen finden sich Moose, Pilze, Algen und Flechten. Sie dienen als Lebensraum für Käfer, Asseln, Wespen und Wildbienen. Die hohlen Stämme sind unverzichtbar für alle höhlenbrütenden Vögel wie z.B. den Steinkauz, Buntspecht, Wendehals, Baumläufer, Gartenrotschwanz aber auch überlebensnotwendig für Hornissen und Fledermäuse. Deswegen sollte man auch alte, abgestorbene Bäume, sogenannte Habitatbäume, so lange als möglich stehen lassen. Man kann ihnen sogar ein „Dach“ verpassen, damit kein Regen in das Innere kommt. Das ist besser als jeder aufgehängte Nistkasten.

Die oberste Etage wird durch die Äste und die Baumkronen bestimmt. Hier brüten Singdrossel, und diverse Finkenarten. Greifvögel wie Turmfalke und Mäusebussard benutzen die Äste als Ansitz bei der Mäusejagd. Die Blüten bieten Bienen, Schmetterlingen, Schlupfwespen, Hummeln und Schwebfliegen reichlich Nahrung im Frühjahr. Im Herbst freuen sich dann Amseln und Drosseln sowie Igel, Dachs und Rehe über das Fallobst. Blätter der Bäume dienen Insekten als Nahrung, diese wiederum sind lebensnotwendig für die Frühjahrsbrüter unter den Vögeln. Die Vogelbrut im Frühjahr fällt z.B. zusammen mit dem Austreiben der Bäume und damit mit dem Auftauchen der Raupen des Frostspanners und des Apfelwicklers. Diese Obstbaumschädlinge werden von den zahlreichen Meisen, Spatzen und anderen Vögeln in Schach gehalten. Sie richten ihre Jungenaufzucht am Auftreten der Raupen dieser Insekten aus. Später im Jahr gibt es diese Raupen nicht mehr, Kohlmeisen machen dann  z.B. nur nochmal eine kleine Brut und brüten im Sommer gar nicht mehr. Schätzungen gehen davon aus, dass ein Obstbaum Heimat für ca. 300 Tierarten bietet. Die Wiese und die darauf stehenden Bäume ergänzen sich ideal und bilden eine Symbiose, die letztendlich ausschlaggebend für die Artenvielfalt ist.

Johannes Fink


Seltene Schmetterlinge in Heiligkreuzsteinach

Auf der Homepage unserer Freunde vom Verein "Lebenswerter Odenwald" kurz LEO, findet sich ein wunderbarer Artikel von Johannes Fink über die seltenen Schmetterlinge in Heiligkreuzsteinach. Mit einem Klick auf den Button werden Sie direkt dorthin geleitet...


Die blaue Holzbiene

Die blaue Holzbiene gehört mit ihren fast 30 mm Körperlänge zu den größten Bienen Europas.
Der Körper ist tiefschwarz und mit ihrem blauschimmernden Flügeln ähnelt sie fast schon einer großen Schmeißfliege oder auch einer Hummel.
Sie ist eine wärmeliebende Art und profitiert von der Klimaerwärmung. Bei uns taucht sie schon im Frühjahr auf und ist häufig an den Blüten der Glyzinien zu finden. Im Gegensatz zu anderen Wildbienen, "gräbt" sich die Blaue Holzbiene ihre Niströhren selbst. Dazu legt sie bis zu 25 cm lange und ca. zwei  cm im Durchmesser messenden Gänge im Alt- und Totholz an. Auf unserem Bild sammelt sie gerade Nektar an einer Phaceliablüte.
Apropos Phacelia: Diese Gründüngerpflanze ist außerordentlich beliebt bei Bienen und Hummeln. Wer gerade nicht weiß, was er in seinem Garten anpflanzen soll, der kann auf einem brachliegenden Beet diesen Gründünger aussäen. Damit verbessert man die Bodenstruktur und sorgt auch noch dafür, dass unsere Bienen und anderen Insekten gerade jetzt in der blütenarmen Zeit eine Nahrungsquelle finden. Außer im Winter, kann man diese Pflanze immer säen.
Johannes Fink