Historischer Ursprung und Entstehung der Kulturlandschaft

Klassische Streuobstwiese mit gepflegtem Dauergrünland und altem Baumbestand.
Klassische Streuobstwiese mit gepflegtem Dauergrünland und altem Baumbestand.

Bereits in der Jungsteinzeit rodeten die Menschen Wälder um Ackerland zu schaffen. Dies war der Beginn der Entstehung der Kulturlandschaft. Zu dieser Zeit wurde noch Wildobst gesammelt.

 

Über die Griechen gelangte der Obstbau zur Zeit des römischen Reichs in die von Römern besetzten Länder. In der Karolinger Zeit (Ende 700 n. Chr.) wird der Obstbau schon per Verordnung geregelt. Dabei wurde besonderer Wert auf die Versorgung mit dauerhaftem Winterobst gelegt. An der königlichen Tafel wurde schon Cidre getrunken.

 

Klöster verfügten schon immer über eigene Obstgärten. Es gibt zahlreiche Schilderungen über:

Pflanzen, Schneiden, Veredeln, Pfropfen und die Vorratshaltung, wie Dörren und Obstweinherstellung.

Die Mönche pflegten gute und weitläufige Beziehungen, die zur Kultivierung und der Verbreitung der Sortenvielfalt beitrugen. Heimkehrende Kreuzfahrer brachten neue Sorten aus dem vorderen Orient mit. Während des Mittelalters und bis weit in die Neuzeit hatte Obstbau vorwiegend als Gartenkultur gegolten. Danach dehnten sich Hochstammpflanzungen immer mehr in die freie Landschaft aus.

 

Mit zunehmender Verstädterung müssen die Obstgärten der Bebauung weichen und werden ausgelagert (1400-1500). Geistliche und weltliche Fürsten legen weitläufige Obstgärten an. Im 15. und 16. Jahrhundert erfolgt der Wandel vom Selbstversorger Obstbau zum Wirtschafts- und Verwertungsobstbau. Es wurden gezielt Sorten kultiviert, die für bestimmte Verwertungsarten besonders geeignet erschienen. Im 30-jährigen Krieg wurden viele Obstbaumbestände als Akt kriegerischer Maßnahmen gezielt zerstört.

 

Im 18. und 19. Jahrhundert wurde der Obstbau neu aufgebaut und stark in die freie Landschaft ausgedehnt. Die Obrigkeit erließ Verordnungen zum Anpflanzen von Obstbäumen, zum Beispiel bei der Verleihung von Bürgerrechten, bei Zuzug in einen Ort oder bei Eheschließung. So entstanden auf Allemendflächen und entlang der Wege und Straßen Streuobstbestände.  Baumfrefel, also die mutwillige Zerstörung eines Baumes, wurde mit schweren Strafen belegt. Es wurden in dieser Zeit auch Baumschulen gegründet und die Bürger im Pflanzen und Warten der Bäume unterwiesen. Es entstand wirtschaftliches Interesse. Obstbau galt als Möglichkeit zur Hebung des allgemeinen Wohlstands.

    "Auf jedem Raum pflanz einen Baum und pflege sein, er trägt dir`s ein!"

 

Wirtschaftliches Interesse bringt nun auch Landwirte dazu, auf privaten Flächen und Äckern Bäume zu kultivieren. Das 19. Jahrhundert gilt als Blütezeit der Pomologie. Diese Entwicklung wurde begleitet von einem wachsenden Interesse gebildeter Bürger am Obstbau. 1837 gab es die ersten Baumwartkurse in Hohenheim bei Stuttgart. Die Baumwarte legten den Grundstein der heutigen Streuobstwiesen. Sie brachten den Obstbau breiteren Bevölkerungskreisen näher und es gründeten sich die ersten Obstbauvereine. In Regionen mit vorherrschenden landwirtschaftlichen Kleinbetrieben entwickelte sich ein dichter Obstbau in Mischkultur mit Weinbau, Ackerflächen und Viehzucht. Aus aufgelassenen Weinbergen entwickelten sich Ende des 19. Jahrhunderts regelrechte Obstbaumwälder, da die Nachfrage nach Mostobst stark anstieg. (Wertvergleich: 50 Kg Mostobst gaben 3,10 bis 5,50 Mark, der Stundenlohn des Facharbeiters betrug -,25 bis -,35 Pfennig).

 

Letztendlich entwickelten sich die heutigen Streuobstwiesen aus Baumäckern mit wechselnden Unterkulturen. Zwischen 1910 und 1930 trat  an die Stelle des beschwerlichen Ackerbaus, besonders an Hanglagen, die einfacher zu handhabende Dauergrünlandnutzung. Die Wirtschaftlichkeit der auf der Grünlandnutzung aufbauenden Milchviehhaltung entwickelte sich günstig. Äcker wurden vermehrt in Grünland umgewandelt.

 

Die heutigen Streuobstwiesen waren entstanden. Vorherrschend war der Obstbaumhochstamm, da nur unter ihm eine ganzflächige Unterkultur betrieben werden konnte. Doppelter Nutzen.

 

Dieser Entwicklung verdanken wir die wunderbare offene Landschaft in der wir jetzt leben.

 

Heute  selten, Obstbaumhochstämme, die in Ackerflächen überdauern und nicht dem Einsatz großer Maschinen weichen müssen.
Heute selten, Obstbaumhochstämme, die in Ackerflächen überdauern und nicht dem Einsatz großer Maschinen weichen müssen.